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Analyse zur Verbesserung der medizinischen Versorgung auf dem Land mittels Simulationssoftware, mit Software-Beispiel 'Medori'

Volk, Markus

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Zugriffsbeschränkung: nur innerhalb des Universitäts-Campus
BK - Klassifikation: 44.15
DDC-Sachgruppe: Medizin
Dokumentart: Monographie
ISBN: 978-3-8428-3273-2
Sprache: Deutsch
Erstellungsjahr: 2012
Publikationsdatum: 03.07.2015
Kurzfassung auf Deutsch: Die medizinische Versorgung in Westeuropa divergiert stark zwischen urbanisierten Gebieten und ländlichen Regionen. Der klassische Landarztberuf ist unter Medizinern ein wenig angestrebter Karriereweg. Der Bedarf an Arztpraxen auf dem Land kann somit seit einigen Jahren kaum gedeckt werden, was inzwischen die Politik alarmiert hat. Eine Planung und Umsetzung von Maßnahmen und Infrastruktur erfolgt an einem lebenden System. Die Folgen, wie Erfolge und Fehlentwicklungen lassen sich demzufolge erst nach Jahren beobachten. Eine mögliche Alternative stellen daher Simulationsprogramme dar, die verschiedene Zukunftsplanungen und Szenarien ermöglichen, aus denen die beste oder politisch durchsetzbarste Variante ausgewählt werden kann, um auf das Versagen des Marktes zu reagieren. Medical service in Western Europe has developed strongly different in urban and rural regions. It is rarely desired to become a medical doctors in rural areas. The demand for medical care in such areas can hardly be satisfied for several years now. This has already alarmed the political influence groups. Any kind of planning and realisation of infrastructural measures is performed within a living system. Both success and failure can be observed only with a considerable timelack. Using simulation software can be the alternative of choice to investigate the possible scenarios and perform future planning. This shall lead to different possibilities to choose from, and find the one that matched best to a situation where the market leads to failure.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: InhaltsverzeichnisI AbbildungsverzeichnisIV Abstrakt1 1.Politische Fragestellung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen2 2.Rechtliche Grundlagen6 3.Situation der Patienten15 4.Das Krankenversicherungssystem in Deutschland20 5.Situation der Arztpraxen24 6.Optimierung36 6.1Optimierungsnotwendigkeiten37 6.2Optimierungsmethoden39 6.2.1Anwendbarkeit der Optimierungsmethoden40 6.2.2Auswahl der Optimierungsmethoden43 6.3Optimierungsmethodik von Medori44 6.3.1Grunddaten und Einstellungen bei MedORi45 6.3.2Betrachtungsregion46 6.3.3Der MedORi Algorithmus49 6.3.3.1Operations Research Basis für MedORi50 6.3.3.2MedORi53 6.3.4Die Datenbasis für den Simulationslauf55 6.3.5Der Simulationslauf57 6.3.6Simulationsresultate60 6.3.7Interpretation der Simulationsresultate64 6.4Verteilungsschlussfolgerungen70 6.5Veränderungsmöglichkeiten72 6.6Resultate für zukünftige Optimierungsprozesse74 7.Politische und öffentliche Maßnahmen78 7.1Mögliche Maßnahmen78 7.1.1Finanzielle Anreize, Incentives78 7.1.1.1Einmalige finanzielle Anreize79 7.1.1.2Dauerhafte finanzielle Anreize, Abrechnungsvorteile80 7.1.1.3Zeitlich begrenzte Abrechnungsvorteile81 7.1.1.4Zweckgebundene Abrechnungsanreize82 7.1.1.5Förderung für die Schaffung von Arbeitsplätzen83 7.1.2Infrastruktur84 7.1.2.1Strukturkredite84 7.1.2.2Verfügbarkeit von Kommunikationsmitteln85 7.1.2.3Verkehrsmittel und verkehrspolitische Maßnahmen86 7.1.2.4Onlinedienste zur Effizienzsteigerung89 7.1.2.5Informationsservice90 7.1.3Regelungen und Gesetze91 7.1.4Solidaritätsfonds93 7.1.5Medizinische Versorgungszentren95 7.1.6rollende Arztpraxen ‘Ärztebus’97 7.1.7Förderung von Zweigpraxen und Zweigstellen98 7.1.8Gemeinsam genutzte Geräte und Einrichtungen99 7.1.9Teilzeitmodelle für Landärzte100 7.1.10Medizinisches Hilfspersonal101 7.2Politische Ideen und Einflussgrößen zur Durchsetzbarkeit von Maßnahmen102 7.3Beteiligte Partner für Veränderungen106 7.3.1Politik106 7.3.2Kassenärztliche Vereinigungen und Verbände108 7.3.3Krankenkassen110 7.3.4Verwaltung112 7.3.5Fördereinrichtungen113 8.Ausblick und Fazit115 Literaturverzeichnis117 Datenquellen127Textprobe:Textprobe: Kapitel 5., Situation der Arztpraxen: In Deutschland sind Mediziner zunächst in Kassenärzte und Privatärzte zu unterscheiden. Die Niederlassung von Kassenärzten ist primär von den Kassenärztlichen Vereinigungen und deren Zulassungsverfahren abhängig. Privatärzte ohne Kassenzulassung sind nicht steuerbar und aufgrund hauptsächlich wirtschaftlicher und persönlicher Erwägungen bei der Standortwahl zu vernachlässigen; die Standortwahl erfolgt im Allgemeinen ohnehin im Gebiet eines üblicherweise gut versorgten Ballungsraumes [KS07]. Es erfolgt somit lediglich eine Betrachtung der zugelassenen Kassenärzte, die entsprechend der gesetzlichen Regelungen in Deutschland (siehe Kapitel 2) für die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung zuständig sind. Daneben existiert eine Doppelstruktur mit Ambulanzen für die Erstversorgung von Patienten in Krankenhäusern. Als vergleichsweise noch ungewöhnlicher, stellt Winkelhake [Wi11a] diese Struktur mit niedergelassenen Fachärzten und Krankenhäusern mit gleichartigem Angebot dar. In dieser Organisation der medizinischen Erstversorgung auf zwei Wegen liegt ein wesentlicher Unterschied zu anderen Ländern. Ein Beispiel hierzu ist das krankenhauszentrierte System in Frankreich. Dort ist es üblich, bei diversen gesundheitlichen Problemen zuerst ein Krankenhaus aufzusuchen. Das insgesamt eher zentralistische französische System zeigt sich hier ebenfalls im Gesundheitssystem. Ein Vertragsarzt ist ein niedergelassener Arzt, der mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung einen Vertrag geschlossen hat, um gesetzlich krankenversicherte Patienten behandeln und über die gesetzliche Krankenversicherung abrechnen zu können. Da laut Winkelhake [Wi11a] 90% der Bevölkerung derartig versichert sind, ist ein Markt für Ärzte, die nicht Vertragsarzt werden, nur in bevölkerungsreichen Gebieten ausreichend gegeben. In Deutschland gibt es 17 Kassenärztliche Vereinigungen, eine pro Bundesland bzw. in Nordrhein-Westfalen zwei, die KV Nordrhein und die KV Westfalen-Lippe [Wi11a]. Erstere der vorgenannten grenzt mit ihrem Zuständigkeitsbereich an das Untersuchungsgebiet, an der Grenze des Kreises Bad Neuenahr-Ahrweiler zu Bonn. Für den niederlassungswilligen Arzt ist zunächst einmal bedeutsam, sich an die richtige Kassenärztliche Vereinigung zu wenden, die für seine gewünschte Region zuständig ist. Die Planungsphase für den Arzt muss, wie bei einer Unternehmensgründung, bereits in der Zeit des vorangehenden Angestelltenverhältnisses beginnen und auch finanziell durchdacht erfolgen. Unabhängig davon, ob eine Praxis übernommen werden soll oder eine Neugründung geplant ist, müssen folgende Schritte erfolgen. Zunächst muss die Approbation vorhanden sein, gefolgt von der Arztregistereintragung, darauf kann ein schriftlicher Antrag an den Zulassungsausschuss gestellt werden. Diesem Antrag muss, neben den Nachweisen über Approbation, Zulassung und Facharzteignungen, auch ein polizeiliches Führungszeugnis beiliegen. Die Tätigkeit kann erst nach der Zulassung aufgenommen werden, was eine Besonderheit bezüglich des Starts der Selbstständigkeit bedeutet. Auch die Bekanntmachung der neuen Niederlassung kann erst nach Zulassung beginnen, wobei im Falle einer Praxisübernahme darauf weniger Energie verwendet werden kann, da ein Kundenstamm in Form des Patientenstamms vorhanden ist. In Deutschland existierte bis zum Jahre 2000 ein generelles Werbeverbot für Heilberufe, was normale Werbeformen unmöglich machte. Seit der Gerichtsentscheidung von 2000 sind Werbemaßnahmen für Ärzte möglich, jedoch aufgrund der lange entwickelten restriktiven Rechtsprechung durchaus problematisch [Äk03], [Mül11], [Pau08], [Pie04]. Gesetzliche Regelungen zu unlauterem Wettbewerb wirken in Verbindung mit dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (HWG) zusammen derart restriktiv auf die Möglichkeiten ein, dass junge Ärzte bei der Niederlassung nur selten wissen, was zulässig ist und eher auf Werbung verzichten [Mül11], [Pau08]. Pieper [Pie04] listet sogar die Nutzung von wissenschaftlichen Veröffentlichungen des Arztes für Werbezwecke als problematisch, da das HWG dazu strikte Einschränkungen vorgibt. In § 11 Absatz 1 Nr. 4 des HWG werden auch Darstellungen von Medizinern und Therapeuten in Berufsbekleidung verboten, sofern diese sich an Adressaten außerhalb der medizinischen Fachkreise richtet. Dies hat zur Folge, dass ein Arzt selbst in seiner Eigendarstellung über Internet-Portale mit Bedacht vorgehen muss, um nicht gegen eine dieser Vorschriften zu verstoßen. Marketingmaßnahmen für neue Arztpraxen stellen sich damit als schwieriges Feld dar, und Empfehlungsportale bilden eine der Säulen möglicher Maßnahmen, die jedoch sorgfältig geplant werden müssen [Mül11]. Resultierend daraus ergeben sich zwei Schlussfolgerungen für niederlassungswillige Mediziner. Zum Ersten ist die Übernahme einer Praxis mit Patientenstamm häufig weniger risikoreich, zum Zweiten können Regionen mit einem offenen Bedarf unter diesem Aspekt interessanter wirken als Ballungszentren mit starker, gut vernetzter Konkurrenz. Daraus ergibt sich eine Chance für Marketingmaßnahmen von Regionen, zwecks Ansiedlung von Medizinern, die unabhängig von den Gründen dafür, Marketingaufwand und Konkurrenzdruck vermeiden wollen. Das Wissen um die Existenz eines Bedarfes für weitere Arztpraxen an solchen Standorten muss jedoch dazu vorhanden sein, wozu die Bedarfsplanung entsprechend wirksam erfolgen muss. Die Bedarfsplanung für Ärzte hat nach Analyse von Winkelhake [Wi11a] in den letzten Jahren nicht funktioniert und regionale Ungleichgewichte hervor gebracht. So besteht die Möglichkeit in einem Teilgebiet einer Kassenärztlichen Vereinigung eine starke Überversorgung zu finden und in anderen bedeutende Unterversorgungen; Winkelhake [Wi11a] führt München und den bayrischen Wald als Beispiel hierzu an. Dies ist eindeutig mit der Standortattraktivität zu erklären, die selbst wiederum wesentlich komplexer ist. Ärzte sind zunächst einmal Menschen mit akademischer Ausbildung, die bei der Wahl ihres möglichen Arbeitsortes sowohl private, als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen. Ballungsräume mit den dazugehörigen Angeboten ziehen dabei viele Menschen an und weisen in Deutschland die günstigsten demografischen Prognosen auf [Sta11]. Diese Situation erscheint für Investitionen von Unternehmen, wie Freiberuflern in der Region günstig, um langfristigen Erfolg zu erzielen. Andererseits bedeuten hohe Immobilienpreise oft ein Hindernis hinsichtlich des anfänglichen Kapitalbedarfes [Por11]. Eine Investition auf dem Land mit günstigen Preisen für Immobilien, sowohl für Praxis-, wie auch für Wohnimmobilien ist dagegen leichter realisierbar. Bei einer Finanzierung über Kredite ohne Förderelemente ist jedoch die Wertprognose für eine solche Immobilie wiederum ein Vorteil aufseiten der Ballungsraumstandorte. Soll der Praxisstandort gemietet werden, wirkt die Kostenseite für die ländlichere Region, während die Verfügbarkeit geeigneter Räumlichkeiten in Ballungsräumen deutlich größer ist. Dies führt zu einer Entwicklung, wie sie bereits Kistemann/ Schröer [KS07] beobachtete; Ärzte siedeln sich am Rande von Ballungsräumen an, und nutzen die Kombination von günstigeren Investitionsbedingungen gegenüber der Stadt, bei Erhalt der Nähe zur hohen Bevölkerungsdichte. Dieses Standortwahlverhalten wird von Freizeitangeboten unterstützt, da am Rande von Ballungsräumen sowohl die Nähe ländlicher Gebiete wie auch die typischen urbanen Angebote aus den Bereichen Kultur und Entertainment innerhalb kurzer Zeit erreichbar sind. Die Verbindung von Wohnort und Praxisstandort in der Zulassungsverordnung für Ärzte wirkte zusätzlich lenkend und verstärkt den Konzentrationstrend bei der Wahl des Niederlassungsortes für Ärzte. Jede Niederlassungsentscheidung hat auch eine Kapitalkomponente. Dabei ist nicht nur die Standortwahl bedeutsam, sondern auch die Frage danach, ob der Schritt aus einer Anstellung, wie in einem Krankenhaus, in die Freiberuflichkeit gewagt wird. Der Kapitalbedarf für die Einrichtung einer Praxis mit allen notwendigen Geräten ist für junge Ärzte nur langfristig zu planen und muss im Allgemeinen fremdfinanziert werden. Für wechselwillige Ärzte, die aus einer Festanstellung in die Freiberuflichkeit starten möchten, können die Finanzierungskonditionen entscheidend für den Start und die Standortentscheidung werden. Je höher die benötigte Finanzierungssumme und je höher der Unterschied bezüglich der Finanzierungskosten, desto eher werden diese Faktoren die Entscheidung beeinflussen können. Somit ergibt sich eine Lenkungsmöglichkeit für öffentliche Stellen und halböffentliche Strukturentwickler über jede denkbare Art von Kostensteuerung, Subventionen oder vergünstigte Investitionskredite. In Deutschland belaufen sich die Kosten einer Praxisausstattung bzw. Praxisneugründung oder Übernahme auf Summen im Rahmen von 130.000 Euro bis zu 400.000 Euro, wobei der normal zu erwartende Investitionsaufwand für eine Gründung im Bereich ab 200.000 Euro liegt, wovon jedoch nur ein Viertel tatsächlich beleihungsfähige Sachwerte darstellen [IWW12]. Die Übernahme von bestehenden Praxen bewegt sich im oberen Bereich der Investitionsspanne. Diese Startkapitalnotwendigkeiten gepaart mit dem hohen immateriellen Anteil können insbesondere für junge Ärzte ein Hindernis darstellen. Daraus ergibt sich wiederum eine Chance für Infrastrukturmaßnahmen, wie auch für medizinische Versorgungseinrichtungen mit Fixgehältern und angestellten Ärzten. Der tendenziellen Neigung von jungen Akademikern sich in Ballungsraumnähe niederzulassen kann somit durch finanzielle Vorteile entgegen gewirkt werden.


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